10.02.2023 | selbstbestimmt: Pressemeldungen

Frühzeitige Unterstützung für suchtbelastete Familien benötigt

Fachkräfte sehen deutlichen Handlungsbedarf bei der Versorgung von betroffenen Kindern.

Potsdam, 10.02.2023 – Hochrechnungen zufolge sind ca. 6 Prozent der Kinder in Brandenburg von einer Suchterkrankung in der Familie betroffen und haben damit ein deutlich erhöhtes Risiko, selbst eine Abhängigkeitserkrankung zu entwickeln. Das Projekt selbstbestimmt der Brandenburgischen Landesstelle für Suchtfragen e.V. (BLS) befragte in einer landesweiten Bedarfserhebung 199 Fachkräfte aus Jugendhilfe, Schule, Kita, dem Öffentlichen Gesundheitsdienst und angrenzenden Tätigkeitsfeldern nach ihren Erfahrungen im Umgang mit betroffenen Kindern. Das Ergebnis: 90 Prozent der Befragten schätzen das derzeitige Angebot an präventiven Maßnahmen für Kinder aus sucht- und psychisch belasteten Familien als nicht ausreichend ein. Um Fachkräfte für die Arbeit mit Betroffenen besser zu rüsten, bietet das selbstbestimmt-Team anlässlich der COA-Aktionswoche für Suchtfamilien (12.-18.02.2023) auch in diesem Jahr wieder eine kostenlose Schulung an.

Kinder aus suchtbelasteten Familien bilden den Hauptschwerpunkt des vom GKV-Bündnis für Gesundheit und dem Ministerium für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz  (MSGIV) geförderten Projekts selbstbestimmt – Suchtprävention für vulnerable Zielgruppen im Land Brandenburg. Aufgrund der großen Resonanz von Fachkräften auf die seit 2021 laufenden Projekt-Aktivitäten führte die BLS vom 14. Juni bis 12. August 2022 eine landesweite Bedarfserhebung durch. Ziel war es, eine Einschätzung der aktuellen Versorgungslandschaft für Kinder aus sucht- und psychisch belasteten Familien aus Sicht derer zu erhalten, die in ihrem beruflichen Alltag regelmäßig mit Betroffenen zu tun haben.

Die Auswertung der Bedarfserhebung zeigt, wie relevant das Thema ist. Mehr als die Hälfte der Befragten gibt an, im Arbeitsalltag oft (knapp 39 %) oder sehr oft (knapp 20 %) mit Kindern zu tun zu haben, bei denen einer oder beide Elternteile psychisch oder suchtbelastet sind. Nicht einmal ein Drittel der Befragten findet jedoch, dass die verantwortlichen Akteur*innen der Kommunen das Thema entsprechend relevant behandeln und bereits effektiv zusammenarbeiten, um die Betroffenen zu unterstützen. Lediglich 10 Prozent empfinden das vorhandene Angebot an Maßnahmen für Kinder und Jugendliche aus belasteten Familien als ausreichend.

„Die Ergebnisse zeigen, wie entscheidend es ist, dass Fachkräfte in den Kommunen sensibilisiert und qualifiziert sind, die Familien angemessen zu unterstützen.“, erklärt Andrea Hardeling, Geschäftsführerin der BLS. „Gerade in einem Flächenland wie Brandenburg ist es außerdem essenziell, dass die Angebote vor Ort miteinander vernetzt sind, um den Familien auch im Sinne des Kinderschutzes frühzeitige Hilfe anbieten zu können.“

Um die Entwicklung suchtpräventiver Maßnahmen in diese Richtung zu unterstützen, beteiligt sich das selbstbestimmt-Team u. a. mit einer kostenfreien Online-Veranstaltung am 16. Februar 2023 an der jährlich stattfindenden COA-Aktionswoche für Kinder aus Suchtfamilien. Interessierte können sich noch bis zum 13. Februar für den Termin zum Thema „Methoden für die Gruppenarbeit mit Kindern aus suchtbelasteten Familien“ anmelden.  

Als weitere Qualifizierungsmaßnahme startet das Projekt in diesem Jahr die Multiplikator*innen-Schulung FAMILIE SUCHT HILFE und bietet interessierten Akteur*innen aus den Kommunen darüber hinaus Beratung und Unterstützung bei der Konzeption und Umsetzung von Präventionsprojekten im Rahmen des Kommunalen Förderprogramms des GKV-Bündnisses für Gesundheit an.

Alle Ergebnisse der landesweiten Bedarfserhebung gibt es hier.

Die Brandenburgische Landesstelle für Suchtfragen e.V. arbeitet als landesweite Fachstelle in den Themenbereichen Suchthilfe, Suchtprävention, Suchtselbsthilfe und Glücksspielsucht. Die Förderung des Projektes selbstbestimmt – Suchtprävention für vulnerable Zielgruppen im Land Brandenburg erfolgt durch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) mit Mitteln der gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen des GKV-Bündnisses für Gesundheit (www.gkv-buendnis.de) und durch das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg. Das Projekt beschäftigt sich mit Suchtprävention für Kinder aus suchtbelasteten Familien, für Menschen mit Behinderung, Menschen mit Migrationsgeschichte sowie ältere Menschen.

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